Globaler Mittelständler Fr. Meyer's Sohn schöpft Kraft aus Innovationen
Als "Hidden Champion" soll Fr. Meyer's Sohn (FMS) im Jahr 2020 weltweit mehr als 1 Mio. TEU Seefracht spedieren und beim Umsatz die Schallmauer von 1 Mrd. Euro durchbrechen. Managing Director Marc Meier legt im Gespräch mit dieser Zeitung ein Bekenntnis zur Schaffung von Mehrwerten für die Kunden ab. HAMBURG. Mit Marc Meier betritt ein Kopfmensch den Besprechungsraum im sechsten Stock in der Unternehmenszentrale der Fr. Meyer's Sohn (GmbH & Co.) KG in Hamburg. Sein Outfit ist klassisch: Dunkelblauer Anzug, weißes Hemd mit passender Krawatte - und sonst nichts! Weder trägt der Managing Director der traditionsreichen norddeutschen Seefrachtspedition eine Unterlagenmappe zum Nachschlagen bei sich, noch benötigt er im weiteren Verlauf des Interviews mit der Österreichischen Verkehrszeitung die Unterstützung durch einen seiner fachlich mit allen Wassern gewaschenen Kollegen aus den Verkehrsabteilungen. Trotzdem beantwortet er alle Fragen präzise und hinterlässt so einen bestechenden Eindruck.
Bei seinem Wechsel vom "Flaggschiff" Kühne + Nagel zu der im Fachjargon kurz und bündig FMS genannten Spedition Fr. Meyer's Sohn im Jahr 2014 schüttelten einige Wegbegleiter den Kopf. Aber Marc Meier hat sich diesen Schritt ganz genau überlegt. Er heuerte bei einem der größten unabhängigen Seefrachtspediteure weltweit an. Mit 850.000 TEU Jahresaufkommen, ergänzt um zahlreiche Breakbulkverschiffungen und Projektabwicklungen, gehört FMS zu den Top-10 in der Branche. In der von Deutschland, Österreich und der Schweiz gebildeten Zentralregion sieht sich das Unternehmen in den genannten Disziplinen dem Kreis der Top-4-Anbieter zugehörig.
Fr. Meyer's Sohn ist seit der Gründung im Jahr 1897 so etwas wie ein "Unknown Champion". Das Unternehmen verteidigt seit Jahrzehnten die Position als Europas führende Fachspedition für Forstprodukte. Etwa 70 Prozent der im Segment Container disponierten Mengen gehen auf das Konto der Auftraggeber aus den Industriezweigen Papier, Altpapier/Recycling, Zellstoff und Holzprodukte. Nur den Insidern ist dieser Sachverhalt geläufig. Damit konnten die 650 Mitarbeitenden an 47 Standorten in 22 Ländern bisher ganz gut leben. Trotzdem zählt die Verbesserung der Außendarstellung zu den vorrangigen Zielen in der Strategie des noch verhältnismäßig neuen Sprechers der Geschäftsführung Marc Meier.
Zu diesem Zweck durchläuft das Unternehmen mit zuletzt 750 Mio. Euro Jahresumsatz eine Wandlung vom "Unknown Champion" zum "Hidden Champion". Wer sich in der Speditionsbranche mit dem zuletzt genannten Titel schmücken will, der benötigt dafür abgesehen von einem Top-Service auf globaler Ebene, engen Kundenbeziehungen und einem attraktiven Kostenniveau vor allem eine unbändige Innovationskraft. Dafür habe man neulich die neue Position des Chief Technical Officers geschaffen, berichtet Marc Meier. Außerdem wurde das Controlling als Instrument zur Steuerung der Geschäftsprozesse auf Basis von Zahlen und Fakten verstärkt und laufen weitreichende Programme zur Automatisierung von Prozessen.
Die Kunden aus aller Herren Länder sollen dadurch in den Genuss einer noch besseren Betreuung durch die FMS-Fachkräfte kommen. Bedarf dafür besteht insbesondere im Forstproduktesektor allemal. "In diesem Bereich besitzen wir eine einzigartige Marktstellung, die wir festigen und ausbauen wollen", betont Marc Meier. Möglich machen sollen das Gesamtlösungen im Supply Chain Management, "mit denen wir Mehrwerte erzeugen und uns so die Loyalität der Kunden sichern". Ein probates Mittel dafür sind die teilweise bereits eingeführten IT-gestützten Kollaborationsplattformen zur Vergrößerung der Transparenz zwischen allen an der Wertschöpfungskette beteiligten Unternehmen.
Parallel dazu schreibt sich FMS die Unterstützung der Geschäftspartner aus der Forstproduktebranche bei der Erschließung von neuen Märkten auf die Fahnen. Man agiere hier in einem Sektor mit durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten in der Bandbreite von 1-2 Prozent und gekennzeichnet von einem großen Kostendruck, stellt Marc Meier fest. China, Indien, Indonesien, Thailand und Vietnam sind nach seiner Einschätzung die Gebiete mit den besten Absatzchancen für die Kunden aus der Papierindustrie. Daher eröffnet FMS derzeit nahezu im Monatsintervall neue Niederlassungen in Asien, deren Mitarbeitende in erster Linie Geschäftsbeziehungen mit den lokalen Produzenten entwickeln sollen. Dabei richtet sich der Fokus auch auf das Intra Asia-Geschäft und auf Commodities wie zum Beispiel Kautschuk, Reis oder Palmöl.
Auch wenn die Hamburger Spedition weiter ein starkes Auge auf die Segmente General Cargo und Projekte legt, schreitet im internationalen Seefrachtgeschäft ganz allgemein der Grad der Containerisierung weiter voran. Dieser Entwicklung kann und will sich das Unternehmen nicht verschließen, weil es sich ansonsten selber das Wasser abgraben würde. Daher liegt ein starkes Augenmerk auf den bereits erwähnten Innovationen mit dem Ziel der Kreierung von Alleinstellungsmerkmalen. Marc Meier: "Momentan arbeiten wir an neuen Konzepten für den containerisierten Transport der bisher schwerpunktmäßig konventionell verschifften Produkte aus dem Segmenten Zellstoffe und Düngemittel. Mittels ihrer Anwendung könnten die Kunden in Zukunft kleinere Mengen verkaufen und wären dadurch agiler."
Fr.Meyer's Sohn ist in der Gesamtbetrachtung ein vielseitiger Anbieter von Speditionsdiensten. Befördert wird ein breites Spektrum an Produkten, darunter Agrarrohstoffe, Lebensmittel, Steine, Marmor, Fliesen, Mineralien, General Cargo und Schwergüter. Aus der strategischen Ausrichtung auf die Ausarbeitung, Umsetzung und Betreuung von Gesamtlösungen resultieren Lösungen unter Einbindung aller Verkehrsträger, auch der Luftfracht. "Wir disponieren allein für die Forstprodukteindustrie in Deutschland ungefähr 100 Lkw-Abfahrten am Tag und werden als Maßnahme zur Bereitstellung von lösungsorientierten Produkten auch gezielt in Programme zur Absicherung der Position in den Landverkehr investieren", sagt Marc Meier. Detail am Rande: Über die Beteiligung an der Interrijn Group in Rotterdam macht FMS auch in der Binnenschifffahrt entlang der Rhein-Schiene eine gute Figur.
In Österreich hält die Hamburger Traditionsspedition seit 2012 eine Minderheitsbeteiligung an der ILG Innovative Logistics Group. Die Linzer Spedition unter der Leitung von Wolfgang Klepatsch und Peter Neuhuber pflegt einen sehr dezenten Marktauftritt als logistischer Dienstleister für globale Überseetransporte von containerisierbaren Massen- und Industriegütern auf der Grundlage von intelligenten intermodalen Konzepten, ergänzt um Servicekonzepte für Schwergut und Projektverladungen. Das leistet ihrem Erfolg aber keinen Abbruch, wie sich unter anderem an der schrittweisen Aufstockung des Personalstandes auf aktuell 24 Mitarbeitende erkennen lässt.
Zu den neueren Errungenschaften der ILG zur Abgrenzung gegen die Mitbewerber zählt die mit einzigartigen Verlade- und Verpackungskonzepten realisierte Lösung für Stahltransporte in Seecontainern. Sie kommt mittlerweile bei Transporten von Coils, Blechen, Guss- und Schmiedeprodukten zum Einsatz. Den Kunden aus der Stahlbranche beschert das eine massive Verminderung der Schäden im Vergleich zu den konventionellen Verschiffungen. Das trifft ganz den transportlogistischen Geschmack von Marc Meier, der die FMS Gruppe mit ähnlichen innovativen Lösungen in vielen weiteren Industriezweigen salonfähig machen will. Die Chancen dafür stehen angesichts des rauen Wettbewerbs im globalen Warenverkehr gut!